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Spitzenkappung für Windenergie als Zwangsbremse

Mit dem neuen Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes steht Österreich vor einer tiefgreifenden Reform des Strommarkts. Tatsächlich enthält es viele Elemente für ein zukunftsfähiges Energiesystem. Doch ein zentraler Punkt sorgt für große Unsicherheit: die sogenannte „Spitzenkappung“ – eine Maßnahme, die sich als echte Zwangsbremse für den Ausbau der Windenergie entpuppen könnte.
Dazu gab es vor Kurzem ein Pressehintergundgespräch der IG Windkraft bei dem Florian Maringer (Geschäftsführer der IGW) und Markus Winter (CTO der Windkraft Simonsfeld) den Journalist*innen die Hintergründe unserer Kritik erläutert haben.

Was bedeutet Spitzenkappung?
Unter „Spitzenkappung“ versteht man die gezielte Begrenzung der maximalen Einspeiseleistung von Erzeugungsanlagen ins Stromnetz – meist zu Zeiten besonders hoher Produktion. Ursprünglich wurde dieses Instrument für PV-Anlagen im Haushaltsbereich entwickelt, um kurzfristige Netzüberlastungen zu vermeiden. Bei Windkraftanlagen – die in völlig anderen Netzebenen einspeisen und eine viel gleichmäßigere Einspeisecharakteristik haben – führt eine solche Regelung jedoch zu überproportional hohen Energieverlusten und wirtschaftlichen Einbußen. Während Haushalts-PV-Anlagen punktuell für wenige Stunden im Jahr geringfügig reduziert werden, kann die gleiche Maßnahme bei Windkraftprojekten erhebliche Auswirkungen haben. Eine Kappung von nur 2% der Windproduktion kann bis zu 20% des Jahresgewinn kosten. Das macht eine wirtschaftliche Finanzierung neuer Projekte teilweise unmöglich.

Als Beispiel hierfür sind die Tage 15. bis 16. Jänner 2024 anhand der Echtdaten einer exemplarischen Windkraftanlage in Ostösterreich angeführt. Die Erzeugung lag über 48 Stunden hinweg knapp 24 Stunden über der intendierten Zwangsbremse (Spitzenkappung). Genau in jener Zeit, wo das Stromsystem in Österreich dringend Strom benötigt hat.

Gefahr für den Wirtschaftsstandort Österreich
Die Windenergie ist essenziell für die Versorgung im Winterhalbjahr – genau dann, wenn PV und Wasserkraft wenig liefern. Die geplante Begrenzung der Einspeisung würde dazu führen, dass heimischer, günstiger Strom nicht genutzt werden kann, während teure und klimaschädliche Gaskraftwerke in Betrieb bleiben. Gleichzeitig droht eine massive Verunsicherung von Investor*innen und Projektentwicklern.

Die Spitzenkappung würde außerdem auch Direktlieferverträge mit Industriepartnern (PPAs) gefährden. Wenn Produktion willkürlich und ohne Vorlauf reduziert wird, gibt es keine Preissicherheit mehr – für niemanden. Das betrifft nicht nur Anlagenbetreiber, sondern auch die Industrie und zukünftig auch vermehrt Haushalte als Abnehmer.

Österreich könnte dadurch rund 4,7 Milliarden Euro an Investitionen verlieren – Geld, das für die Energiewende dringend gebraucht wird.

IG Windkraft fordert Umdenken
Die IG Windkraft kritisiert die geplante Maßnahme scharf und fordert unter anderem:

  • Keine Zwangsbremse für Großkraftwerke, wie Windkraftwerke
  • Unterscheidung nach Technologie und Netzebene gesetzlich festschreiben Ausnahmen für hybride und speicherintegrierte Anlagen
  • Einführung eines modernen Flexibilitäts-Managements im Verteilnetz
  • Planbare und marktbasierte Netzdienstleistungen statt willkürlicher Eingriffe

Nachfolgend einige Presseartikel zum Nachlesen: